Mehrkosten bei endodontischer Therapie?

Mehrkosten bei endodontischer Therapie?

Was bei Versicherten der GKV vereinbart werden kann und was nicht

Obwohl das Leistungsspektrum im Rahmen einer endodontologischen Behandlung von Jahr zu Jahr umfangreicher wird, hinken die Honorierungssysteme (Bema und GOZ) seit Jahrzehnten hinterher. Der hohe qualitative und apparative Aufwand einer wissenschaftlichen „State of the Art“ Wurzelkanalbehandlung lässt sich mit den speziell im Bema zur Verfügung stehenden Leistungen weder fachlich noch betriebswirtschaftlich abbilden. Eine qualitätsorientierte Vergütung aufwendiger Leistungen ist allenfalls auf Basis der GOZ mit einer entsprechenden Honorarvereinbarung möglich.

Im Gegensatz zu möglichen Mehrkosten bei Füllungsleistungen (siehe § 28 Abs. 2 SGB V) sind bei Wurzelkanalbehandlungen vergleichbare „Mehrkostenvereinbarungen“ nicht vorgesehen, ja sogar explizit verboten. Dieses sogenannte „Zuzahlungsverbot“ wurde im Jahr 2001 durch das Bundessozialgericht (Az. B 6 KA 67/00 R und B 6 KA 36/00 R vom 14.03.2001) bestätigt. Im Klartext: Es dürfen z. B. auf die Bema-Leistungen Trep1, VitE, WK, Med und WF keine Mehrkosten für Material, WK-Instrumente o. ä. mit dem Patienten vereinbart werden.

Ganz anders stellt sich die Situation dar, wenn neben den o. g. Bema-Leistungen, selbstständige Zusatzleistungen mit dem Patienten privat vereinbart werden. Meist handelt es sich dabei um qualitätsverbessernde selbstständige Maßnahmen, die in der GOZ verortet sind. Näheres soll in den nachfolgenden, unterschiedlichen Fallkonstellationen verdeutlicht werden.

Ganz wichtig! Die Aufklärung und Zustimmung des Patienten besitzen dabei einen sehr hohen Stellenwert! Ihm muss nämlich grundsätzlich die Wahl
– über eine reine Bema-Kassenbehandlung oder
– über eine Bema-Kassenbehandlung mit privaten GOZZusatzleistungen oder
– über eine komplette Privat-Therapie nach der GOZ
gegeben werden.

Die vier verschiedenen Fälle bei Versicherten der GKV
Bei den Fällen A bis C ist die Ausgangslage jeweils gleich. Der behandlungsbedürftige Zahn ist nach den GKV-Richtlinien erhaltungswürdig und hat eine gute Prognose. Es erfolgt die Aufklärung des Patienten über die verschiedenen Therapiemöglichkeiten. Dieses Aufklärungsgespräch muss selbstverständlich ebenfalls, dokumentiert werden.

Fall A: Therapie nach dem Bema ohne Zusatzleistungen
Entscheidet sich der Patient für eine endodontische Therapie ohne Zusatzleistungen, erfolgt die Behandlung nach den GKV-Richtlinien und den Regelungen des Bema. Die Abrechnung erfolgt ausschließlich nach den Bema-Nrn. 28 – 35 ohne jegliche „Zuzahlung“. Eine Mehrkostenvereinbarung für die nachfolgende Füllung ist selbstverständlich möglich.

Fall B: Therapie nach dem Bema mit Zusatzleistungen
Die endodontische Therapie nach dem Bema soll durch qualitätsverbessernde, selbstständige Zusatzleistungen ergänzt werden, wie zum Beispiel:

  • Elektrometrische Längenbestimmung (GOZ-Nr. 2400)
  • Elektrophysikalisch-chemische Methoden (GOZ-Nr. 2420)
  • Antimikrobielle photodynamische Therapie (analog gemäß § 6 Abs. 1 GOZ)

Entscheidet sich der Patient für derartige Zusatzleistungen, kann die endodontische Therapie nach dem Bema abgerechnet werden. Die selbstständigen Zusatzleistungen werden dem Patienten nach der GOZ in Rechnung gestellt. Dabei ist zu beachten, dass die selbstständigen Zusatzleistungen vor Beginn der Behandlung mit dem Patienten gemäß § 8 Abs. 7 BMV-Z schriftlich vereinbart werden.

Fall C: Extrem zeitintensive und aufwendige Therapie
Jeder Patient hat die Möglichkeit, sich für eine extrem zeitintensive und aufwendige Therapie („State of the Art“) zu entscheiden. Wie z. B. eine Behandlung unter OP-Mikroskop oder ein aufwendiges Kondensationsverfahren. In diesem Fall wird die komplette Wurzelkanalbehandlung „losgelöst“ von der GKV privat vereinbart und nach der GOZ (inklusive Begleitleistungen) dem Patienten in Rechnung gestellt.

Bei zeitintensiven und aufwendigen Therapien, die außerdem mit einem hohen apparativen Aufwand und hochwertigen Materialien verbunden sind, sollte eine abweichende Honorarvereinbarung gemäß § 2 Abs. 1 und 2 GOZ (für Steigerungsfaktoren über dem 3,5fachen Satz) nicht außer Acht gelassen werden!

Nur wenn der Patient im Vorfeld die Kostenerstattung (§ 13 SGB V) gewählt hat, kann er die Privatrechnung bei seiner gesetzlichen Krankenkasse vorlegen und seinen Anspruch auf die Sachleistungen nach dem Bema geltend machen.

Fall D: Zahn ist nach den GKV-Richtlinien nicht erhaltungswürdig
Ist ein Zahn nach den GKV-Richtlinien (Konservierende Behandlung Nr. 10) nicht erhaltungswürdig, stellt die Extraktion des Zahnes die Kassenleistung dar. Entscheidet sich der Patient gegen die Extraktion und für einen Erhaltungsversuch, muss die gesamte Behandlung privat vereinbart werden. Der Patient erhält eine Rechnung nach Maßgabe der GOZ. Auch hier sollte die Möglichkeit einer abweichenden Honorarvereinbarung vor Beginn der Behandlung genutzt werden.

Anders als im Fall C hat der Patient allerdings keinen Anspruch auf Erstattung der Sachleistungen im Rahmen der Kostenerstattung, denn die gesetzliche Krankenkasse darf für eine nicht-richtlinienkonforme Behandlung keine Zuschüsse gewähren.

Abbildung: Vereinfachte schematische Darstellung der 4 Fälle / Quelle: DIE DAISY

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Sylvia Wuttig, B.A.
Geschäftsführende Gesellschafterin
DAISY Akademie + Verlag GmbH


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