Bewertungsportale für Ärzte und Zahnärzte: Fragen und Antworten

Bewertungsportale für Ärzte und Zahnärzte: Fragen und Antworten

Im Internet gibt es inzwischen zahlreiche Portale, auf denen Patienten ihre Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser und weitere medizinische Leistungserbringer bewerten können. Neben google handelt es sich speziell für den medizinischen Bereich dabei vor allem um die Portale jameda, sanego, DocInsider und TopMedic.

Auf den Bewertungsportalen können die Patienten neben einem individuellen Text auch Noten für einzelne Aspekte des Arztbesuches, wie beispielsweise Vertrauensverhältnis, Praxisausstattung, Sprechzeiten, Erreichbarkeit sowie Kompetenz von Arzt und Praxisteam vergeben; aus den Einzelnoten errechnet sich die Gesamtnote der einzelnen Bewertung.

Immer mehr Patienten verlassen sich nicht nur auf persönliche Weiterempfehlungen aus dem Bekanntenkreis oder von weiteren Ärzten, sondern greifen bei der Auswahl ihres Arztes auf die Bewertungen von vollkommen unbekannten Dritten im Internet zurück. Es wird somit offensichtlich, dass jeder Arzt eine Sensibilität für diese Form der Außenwahrnehmung entwickeln sollte – dies gilt unabhängig davon, wie man dieser Form der öffentlichen Bewertung gegenübersteht.

Einige Fragestellungen über Bewertungsportale möchte ich Ihnen nachfolgend aus juristischer Sicht kurz erläutern:

Eintragung in Bewertungsportal
Nicht jeder Mediziner möchte in einem Arztregister oder Bewertungsportal im Internet aufgeführt werden. Aus diesem Grunde stellt sich die Frage, ob Sie die Aufnahme Ihrer Praxis in ein Bewertungsportal verhindern können oder die Löschung Ihrer Praxis verlangen können.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) besteht diese Möglichkeit für Ärzte nicht, so dass Sie die Eintragung in ein Bewertungsportal dulden müssen (BGH, Urteil vom 23.09.2014, Az. VI ZR 358/13). Der BGH räumt dem Grundrecht auf Kommunikationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) des Portalbetreibers gegenüber dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmtheit (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs 1 GG) und der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Ärzte Vorrang ein; die Interessen des Arztes an dem Ausschluss der Speicherung der Basisdaten (akademischer Grad, Name, Fachrichtung, Praxisanschrift, weitere Kontaktdaten, Sprechzeiten, u. ä.) und Bewertungen sind nach der Auffassung der Rechtsprechung somit geringer zu bewerten als die Interessen der Portalbetreiber und Nutzer.

Dies gilt nach dem am 20.02.2018 verkündeten Urteil des BGH (Az. VI ZR 30/17), dessen genaue Begründung noch nicht veröffentlicht wurde, jedoch nur dann, wenn das Bewertungsportal als unabhängiger Informationsmittler auftritt und nicht eigene wirtschaftliche Interessen in den Vordergrund stellt. Da der Portalbetreiber jameda unmittelbar nach der Urteilsverkündung sein Portal entsprechend angepasst hat und zahlende Ärzte nicht mehr werbend auf den Seiten nicht zahlender Ärzte präsentiert, besteht unter den nunmehr gegebenen Bedingungen zumindest bei jameda weiterhin kein Löschungsanspruch.

Bewertungsportal als Werbemedium
Neben dem zuvor beschriebenen kostenfreien Grundeintrag bieten sämtliche Bewertungsportale den medizinischen Leistungserbringern an, sich gegen Entgelt in besonders herausgehobener und absetzender Weise gegenüber den Patienten zu präsentieren. Ebenso besteht die Möglichkeit ein Gütesiegel der verschiedenen Portale zu erwerben, das auf der Praxishomepage auf die Bewertungen auf dem jeweiligen Portal verweist. Mit diesen kostenpflichtigen Angeboten erwirtschaften die Bewertungsportale ihren Gewinn.

Bei der Nutzung dieser kostenpflichtigen Dienstleistung müssen Sie sich an die berufsrechtlichen Vorgaben hinsichtlich der informatorischen Außendarstellung halten. So müssen die auf dem Praxis-Profil gegebenen Informationen der Wahrheit entsprechen sowie klar verständlich sein und dürfen nicht zu Verwechselungen, beispielsweise mit Bezeichnungen der Weiterbildungsordnung, führen. Anpreisende, irreführende und vergleichende Werbung ist Ärzten und Zahnärzten nicht gestattet.

Anonyme Bewertung
Als Ausdruck der Meinungsfreiheit haben unter anderem Bewertungsportale die anonyme Meinungsäußerung in Telemedien wie dem Internet zu gewährleisten und zu wahren (§ 13 Abs. 6 Telemediengesetz [TMG]). Dadurch wird es für jeden Internetnutzer möglich, in anonymer Form seine Meinung zu äußern.

Wenn eine negative Bewertung über Sie in einem Bewertungsportal veröffentlicht wird, stellt sich daher die Frage, ob Ihnen ein Auskunftsanspruch gegen den Portalbetreiber hinsichtlich der Identität des anonymen Bewerters zusteht. Ohne die Identität des Bewerters zu kennen, ist es Ihnen nicht möglich Beseitigungs-, Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche (gerichtlich) durchzusetzen.

Ein solcher Auskunftsanspruch wurde von dem BGH (Urteil vom 01.07.2014, Az. VI ZR 345/13; Beschluss vom 04.09.2014, Az. VI ZR 345/13) abgelehnt, da das TMG keine entsprechende Befugnis für den Betreiber eines Bewertungsportals enthält. Es besteht demnach für Sie nicht die Möglichkeit die Identität von dem Portalbetreiber in Erfahrung zu bringen.

Sofern die anonyme Bewertung jedoch strafrechtlich relevante Inhalte enthält (Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung), besteht durch die Einleitung eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens die Möglichkeit, dass die Staatsanwaltschaft als Strafverfolgungsbehörde die Identität ermittelt; gegenüber der Staatsanwaltschaft muss der Portalbetreiber die entsprechenden Auskünfte erteilen (§ 14 Abs. 2 TMG).

Stellungnahme zu kritischen Bewertungen
Negative Bewertungen, die sich als Meinungsäußerung des Patienten darstellen, müssen Sie hinnehmen. Es besteht jedoch bei allen Bewertungsportalen die Möglichkeit, zur Kritik des Bewerters Stellung zu nehmen.

Einer solchen Stellungnahme durch Sie als Arzt oder Zahnarzt sind jedoch aufgrund der (zahn-)ärztlichen Schweigepflicht Grenzen gesetzt. So dürfen Sie grundsätzlich auch dann, wenn der Patient sich mit seiner Kritik in die Öffentlichkeit begibt, keinem Dritten gegenüber Informationen über die Behandlungen offenbaren.

Da es bisher gerichtlich nicht geklärt ist, wie weit die Schweigepflicht in diesem Zusammenhang reicht, empfiehlt es sich bei einer Stellungnahme zurückhaltend zu sein und lediglich allgemeine Informationen, die jedermann bekannt gemacht werden dürfen, mitzuteilen. So können Sie beispielsweise unter Verweis auf Ihre ärztliche Schweigepflicht auf Organisations- und Qualitätsstandards sowie auf Behandlungspfade Ihrer Praxis hinweisen; darüber hinaus sollten Sie dem Bewerter ein persönliches Gesprächsangebot unterbreiten, um den Lesern der kritischen Bewertung zu verdeutlichen, dass Ihnen die Zufriedenheit Ihrer Patienten wichtig ist. Nur so können Sie mit hinreichender Sicherheit berufs- und strafrechtliche Risiken vermeiden.

Löschung durch Portalbetreiber
Da ein rechtliches Vorgehen unmittelbar gegenüber einem anonymen Bewerter sowie eine umfassende inhaltliche Stellungnahme den zuvor beschriebenen rechtlichen Hürden unterliegt, stellt sich die Frage, ob und wie gegen den Betreiber eines Bewertungsportals vorgegangen werden kann, damit eine kritische Bewertung gelöscht wird.

Der Portalbetreiber ist nur in den Fällen, in denen er die Bewertung eines Nutzers umformuliert oder inhaltlich verändert als sogenannter unmittelbarer Störer für den Inhalt der Bewertung verantwortlich und kann nur in diesem Fall unmittelbar auf Unterlassung, Beseitigung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden (BGH, Urteil vom 04.04.2017, Az. VI ZR 123/17). In den meisten Fällen geben die Bewertungsportale jedoch lediglich die von einem Bewerter verfasste Mitteilung wieder, so dass der Portalbetreiber nur als sogenannter mittelbarer Störer in Anspruch genommen werden kann (BGH, Urteil vom 25.10.2011, Az. VI ZR 93/10; BGH, Urteil vom 01.03.2016, Az. VI ZR 34/15).

Zunächst muss rechtlich geprüft werden, ob eine Bewertung den grundrechtlichen
Schutz der Meinungsäußerung genießt oder ob es sich um unwahre Tatsachenbehauptungen handelt; zudem muss geklärt werden, ob die Bewertung in Ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht eingreift. Diese Prüfung sollte von einem sowohl im Medien-, als auch im Medizinrecht versierten Rechtsanwalt vorgenommen werden, der sodann die entsprechenden Maßnahmen einleiten kann.

Stellt sich im Rahmen einer tatsächlichen und rechtlichen Prüfung eines Bewertungstextes heraus, dass Sie durch eine Bewertung in Ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt werden, hat die Rechtsprechung des BGH das nachfolgende Prüfverfahren vorgegeben (BGH, Urteil vom 25.10.2011, Az. VI ZR 93/10; BGH, Urteil vom 01.03.2016, Az. VI ZR 34/15): Der Portalbetreiber ist zwar nicht verpflichtet, die abgegebenen Bewertungen und Texte vor der Veröffentlichung daraufhin zu überprüfen, ob sie der Wahrheit entsprechen, von dem Recht der freien Meinungsäußerung geschützt werden und den Arzt oder Zahnarzt nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Die Verantwortlichkeit des Portalbetreibers beginnt jedoch dann, wenn er Kenntnis von möglichen Rechtsverletzungen hat:

„Ist der Hostprovider mit der Behauptung konfrontiert, ein von einem Nutzer eingestellter Beitrag verletze ihn in seinem Persönlichkeitsrecht, und ist die Beanstandung so konkret gefasst, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden kann, so ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag Verantwortlichen erforderlich.“

Trotz dieser von der höchstrichterlichen Rechtsprechung klar vorgegebenen Prüfpflichten der Portalbetreiber ist insbesondere im Zusammenhang mit Bewertungen auf google beziehungsweise google my business nicht gewährleistet, dass die Portalbetreiber ihre Pflichten erfüllen; ebenfalls erfordert es eine entsprechende Erfahrung den zutreffenden Ansprechpartner (Anspruchsgegner) bei den teils nicht in Deutschland ansässigen Unternehmen ausfindig zu machen. Auch aus diesen Gründe empfiehlt es sich, entsprechende Prüfanträge durch einen mit dieser Rechtsmaterie vertrauten Rechtsanwalt vornehmen zu lassen. Doch selbst bei professioneller Unterstützung kann nicht stets eine Löschung der kritischen Bewertung erreicht werden, so dass in diesen Fällen nur die gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs oder die Duldung der Bewertung möglich ist.

Arndt Wienand, LL.M. Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht
Rechtsanwaltskanzlei Buchmüller-Reiss, Köln


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