GOÄ-Ziffer 801 – Streit um die Psychiatrische Untersuchung

GOÄ-Ziffer 801 – Streit um die Psychiatrische Untersuchung

Häufige Beanstandungen durch PKV-Unternehmen
Nicht selten wird die medizinische Notwendigkeit bei der Abrechnung der GOÄ-Nr. 801 (Eingehende psychiatrische Untersuchung – gegebenenfalls unter Einschaltung der Bezugs- und/oder Kontaktperson) durch PKV-Unternehmen in Frage gestellt. Dies betrifft insbesondere die wiederholte Abrechnung der Position während einer laufenden Behandlung. Gegen eine mehrmalige Abrechnung führen die Versicherungsunternehmen an, dass die Feststellung „nur geringer Veränderungen des psychiatrischen Krankheitsbildes“ mit der Berechnung einer Leistung nach den GOÄ-Nummern 804 (Psychiatrische Behandlung durch eingehendes therapeutisches Gespräch – auch mit gezielter Exploration) oder 806 (Psychiatrische Behandlung durch gezielte Exploration und eingehendes therapeutisches Gespräch, … Mindestdauer 20 Minuten) abgegolten sei.

Keine Einschränkungen in der GOÄ
Von Seiten der GOÄ-Bestimmungen sind keinerlei Einschränkungen zur Häufigkeit der Abrechnung der GOÄ-Nr. 801 vorhanden; weder bezogen auf die Leistungsziffer selbst, noch auf den Behandlungsfall oder andere einschränkende Kriterien. Beachtung ist alleine dem Paragraphen 1 (2) GOÄ zu schenken, in dem bestimmt ist, dass ärztliche Leistungen nur bei medizinischer Notwendigkeit und bei einer Durchführung nach den Regeln der ärztlichen Kunst berechnungsfähig sind.

Zu widersprechen ist, dass mit dem Ansatz einer Gebührenposition nach GOÄ-Nr. 804 oder 806 die psychiatrische Untersuchung abgegolten sei. In keiner der beiden Legenden zu den Gebührennummern (siehe oben) ist die psychiatrische Untersuchung als Leistungsbestandteil aufgeführt.

Medizinische Notwendigkeit und Regeln ärztlicher Kunst
Über die medizinische Notwendigkeit entscheidet grundsätzlich der behandelnde und seine Kunst beherrschende Arzt und zwar bezogen auf den jeweiligen Patienten- bzw. Krankheitsfall, nicht jedoch ein Versicherungsunternehmen. Darüber hinaus können im Zweifelsfall medizinische Leitlinien über die medizinische Notwendigkeit bestimmen.

Dokumentation und Leistungsinhalt
Wichtig ist neben der vollständigen Dokumentation der erhobenen psychiatrischen Befunde in der Patientenakte auch die Angabe der jeweiligen Indikation z. B. „zur Therapieplanung“. Um eine Leistung nach der GOÄ-Nr. 801 nachvollziehbar belegen zu können, sollten auch nichtpathologische Befunde im Einzelnen erwähnt werden, denn der Leistungsinhalt der GOÄ-Nr. 801 sollte nach Auffassung der aktuellen GOÄ-Kommentierungen (Brück und Hoffmann/Kleinken et al) mindestens drei Teilbereiche einer vollständigen psychiatrischen Untersuchung umfassen:

  • Bewusstsein
  • Orientierung
  • Affekt
  • Antrieb
  • Wahrnehmung
  • Denkablauf
  • mnestische Funktionen.

Im Falle einer Beanstandung durch PKV-Unternehmen ist so nicht nur die Leistungserbringung selbst, sondern auch die medizinische Notwendigkeit transparent darstellbar.

Auslegungsbeschluss der Bundesärztekammer
Ein Auslegungsbeschluss der Bundesärztekammer zur GOÄ-Nr. 801 vom 10. Mai 2016 sollte endlich Ruhe in die Streitigkeiten bringen. Dies ist bis heute leider nur zum Teil gelungen, dennoch empfiehlt sich eine Orientierung daran.

Die wesentlichen Inhalte des Beschlusses

Leistungsinhalt:

  • Eingehende psychiatrische Untersuchung, nicht umfassender oder vollständiger psychopathologischer Befund
  • Erfassung wesentlicher Kernbereiche der psychopathologischen Symptomatik in hinreichendem Detaillierungsgrad
  • Im Wesentlichen Befundung der Teilbereiche Bewusstsein und Orientierung, Affekt, Antrieb, Wahrnehmung, inhaltliches und formales
    Denken, Ich-Störungen, wesentliche kognitiv-mnestische Funktionen

Berechtigung zur Abrechnung:

  • Nicht an das Untersuchungsergebnis gebunden
  • Untersuchungsanlass ist entscheidend
  • Keine formalen zeitlichen Beschränkungen zur Häufigkeit des Ansatzes der GOÄ-Nr. 801
  • Medizinische Notwendigkeit ist allein entscheidend (zur Diagnosestellung vor Behandlungsbeginn, ggf. wiederholt zur Befunderhebung im Krankheitsverlauf und zur Therapieplanung).

Abrechnung neben den GOÄ-Nrn. 804 oder 806:

  • Kein Ausschluss in der Abrechnungsbestimmung vorhanden
  • Nebeneinanderberechnung der diagnostischen Leistung nach GOÄ-Nr. 801 neben einer Gesprächsleistung nach den GOÄ-Nr. 804 oder 806 ist möglich, sofern erbracht.

Vollständige psychiatrische Untersuchung
Eine vollständige psychiatrische Untersuchung, die über das Maß einer nur „eingehenden“ psychiatrischen Untersuchung hinausgeht, stellt nach Auffassung des GOÄ-Kommentars Hoffmann/Kleinken et al, Stand Oktober 2017, einen möglichen Grund für eine Überschreitung des Schwellenwertes (bis 3,5fach) dar. Auf die Abrechnung einer „kleinen“ psychiatrischen Untersuchung, die den Leistungsinhalt der GOÄ-Nr. 801 nicht erfüllt, muss übrigens nicht verzichtet werden. Hierfür kann die GOÄ-Nr. 5 (Symptombezogene Untersuchung) in Rechnung gestellt werden.


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Autoren, sofern nicht ausführlich benannt:

sbay Saskia Bayer, db Daniel Bolte, svg Sabine von Goedecke, sm Sabine Müller, ms Marijana Senger, aw Arndt Wienand, gw Gerda-Marie Wittschier.

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