Update zum Ausfallhonorar (Ausgabe 3/2022) BGH, Urteil vom 12. Mai 2022 – III ZR 78/21

Update zum Ausfallhonorar (Ausgabe 3/2022) BGH, Urteil vom 12. Mai 2022 – III ZR 78/21

Im Nachgang zum Beitrag in Ausgabe 3/2022 des Kundenmagazins up date dürfen wir auf die überwiegend erfreuliche Entscheidung des BGH mit Urteil vom 12. Mai 2022, Az. III ZR 78/21 hinweisen, mit welcher der BGH einige Streitfragen zum Ausfallhonorar bei Behandlungsverträgen einer höchstrichterlichen Klarstellung zugeführt hat:

  • Der BGH hat mit Urteil vom 12. Mai 2022, Az. III ZR 78/21 klargestellt, dass die Vorschrift des § 615 BGB gemäß § 630b BGB auch auf Behandlungsverträge im Sinne des § 630a BGB anwendbar ist und damit einen Vergütungsanspruch des Behandlers bei Annahmeverzug des Patienten im Grundsatz bejaht.
  • Dabei hat der BGH auch die Streitfrage, ob sich ein etwaiger Vergütungsanspruch gemäß § 615 Satz 1 BGB auch gegen gesetzlich krankenversicherte Patienten richtet zugunsten der Behandler entschieden und dies grundsätzlich bejaht.
  • Bei der Beurteilung der Frage, ob die Vereinbarung eines Behandlungstermins eine kalendermäßige Bestimmung im Sinne des § 296 Satz 1 BGB darstellt, hat der BGH klargestellt, dass sich eine schematische Betrachtungsweise verbietet und vielmehr sämtliche Umstände des jeweiligen Falles, insbesondere die Interessenlage der Parteien und die Organisation der Terminvergabe durch den Behandelnden sowie deren Erkennbarkeit für die Patienten, zu berücksichtigen sind. Im entschiedenen Fall hat der BGH darauf abgestellt, dass es der Praxis nicht möglich war, abgesagte Behandlungstermine in weniger als 24 Stunden anderweitig zu vergeben, da sie an ihre Patienten keine Mehrfachtermine, sondern Exklusivtermine vergab. Deren Verbindlichkeit liegt nach den Ausführungen des BGH nicht nur im Interesse der Praxis, sondern auch in dem ihrer Patienten, denen dadurch längere Wartezeiten erspart bleiben. Dies sei im entschiedenen Fall durch den in den Anmeldeformularen enthaltenen Hinweis auf die 24-stündige Absagefrist und die Ausfallpauschale hinreichend klargestellt gewesen. Durch ihre Unterschrift habe die Patientin jeweils ihr Einverständnis mit der Verbindlichkeit der Terminvereinbarungen erklärt.
  • Der BGH hat zudem klargestellt, dass alleine eine (kurzfristige) Absage eines Behandlungstermins weder eine den Annahmeverzug ausschließende Kündigung des Behandlungsvertrags nach § 627 BGB noch eine Teilkündigung lediglich der Terminvereinbarungen darstellt. Letztere ist im Rahmen eines einheitlichen Behandlungsverhältnisses gesetzlich auch überhaupt nicht vorgesehen.
  • Weiter hat der BGH entschieden, dass der Patient nach § 297 BGB jedoch dann nicht in Verzug gerät, wenn der Behandelnde im Falle des § 296 BGB zu der für die Behandlung bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken. Die Bestimmung bezieht sich auf die vorübergehende Unmöglichkeit und besagt, dass bei zeitweiligem Leistungsunvermögen des Behandelnden der Patient auch dann nicht in Verzug gerät, wenn er eine notwendige Mitwirkungshandlung nicht vorgenommen hat. Dies hat der BGH im vorliegenden Fall aufgrund § 7 Abs. 3 Satz 2 der Coronaschutzverordnung vom 22. März 2020, die am 23. März 2020 in Kraft und am 20.04.2020 außer Kraft trat, verneint, da es der Praxis für Ergotherapie im entschiedenen Fall nicht gelungen war, die im Hinblick auf die zum Zeitpunkt des ausgefallenen Termins gültige Coronaschutzverordnung erforderliche medizinische Notwendigkeit der ausgefallenen Behandlung durch ärztliches Attest nachzuweisen sowie die Einhaltung der nach Coronaschutzverordnung einzuhaltenden strengen Schutzmaßnahmen vor Infektionen darzulegen und zu beweisen.

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