Kostenlose Kopie der Patientenakte

Kostenlose Kopie der Patientenakte

Urteil des EuGH vom 26.10.2023 – C-307/22:
Was das EuGH-Urteil für Behandler bedeutet

 

Das Urteil im Überblick

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 26.10.2023 zum Az. C-307/22 ein wegweisendes Urteil zur Auslegung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gefällt, das die Rechte der Patienten auf Zugang zu ihren personenbezogenen Gesundheitsdaten stärkt. Der EuGH hat entschieden, dass Patienten das Recht haben, vom behandelnden Arzt eine erste Kopie ihrer Patientenakte unentgeltlich übersendet zu bekommen, unabhängig vom Zweck ihrer Anfrage. Dies gilt auch dann, wenn die Patienten die Kopie zur Prüfung von möglichen Arzthaftungsansprüchen benötigen. Der EuGH betonte, dass das Recht auf Erhalt einer Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand einer Verarbeitung sind, eine originalgetreue und verständliche Reproduktion aller dieser Daten umfasst. Das Urteil des EuGH hat Vorrang vor dem nationalen Recht, das zum Schutz des wirtschaftlichen Interesses des Verantwortlichen die Kosten für eine erste Kopie der Patientenakte dem Patienten auferlegen kann.

Was ist die DSGVO?

Die DSGVO ist die Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union, die seit dem 25.05.2018 in allen Mitgliedstaaten gilt. Die DSGVO regelt den Schutz und die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, also von Daten, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Die DSGVO gilt auch für personenbezogene Gesundheitsdaten, die zu den besonderen Kategorien von Daten gehören, die einen besonders hohen Schutz genießen. Die DSGVO gibt den betroffenen Personen, also denjenigen, deren Daten verarbeitet werden, verschiedene Rechte, wie zum Beispiel das Recht auf Auskunft, Berichtigung, Löschung, Einschränkung, Widerspruch und Datenübertragbarkeit. Die DSGVO sieht bei Verstößen gegen ihre Vorschriften Bußgelder und Schadensersatzansprüche vor.

Die Folgen für die Praxis

Das Urteil des EuGH hat weitreichende Folgen für die Praxis. Es stärkt die Rechte der Patienten über ihre personenbezogenen Gesundheitsdaten und erleichtert ihnen die Durchsetzung ihrer Rechte, insbesondere im Falle von Behandlungsfehlern oder Schadensersatzansprüchen. Behandler sollten daher in eigenem Interesse die Patientenakten in einer Weise führen und verwalten, die ihnen eine unkomplizierte und unentgeltliche Herausgabe einer ersten Kopie ermöglicht. Die Entscheidung fordert den Gesetzgeber indirekt auf, die nationalen Regelungen zum Zugang zu Patientenakten mit den Vorgaben der DSGVO in Einklang zu bringen und gegebenenfalls anzupassen. Die wichtigsten Konsequenzen für die Praxis sind:

  • Die erste Kopie der Patientenakte muss kostenlos an den Patienten übersandt werden, insbesondere wenn dessen Antrag auf die DSGVO gestützt wird.
  • Die Auskunft muss eine vollständige und verständliche Reproduktion aller personenbezogenen Gesundheitsdaten enthalten, die vom Behandler verarbeitet wurden.
  • Die DSGVO-Auskunft ist unverzüglich, in jedem Fall aber innerhalb eines Monats nach Antragseingang, zu erteilen.
  • Für alle weiteren Kopien, die der Patient verlangt, kann ein angemessenes Entgelt verlangt werden.

 

Oliver Graf
Rechtsanwalt & Fachanwalt für Medizinrecht
Rechtsanwälte Semsi | Graf | Buchmüller-Reiss
Partnerschaftsgesellschaft mbB


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