Die Bedeutung der ärztlichen Dokumentation

Die Bedeutung der ärztlichen Dokumentation

Rechtliche Grundlagen, Abrechnungsrelevanz und Haftungsrisiken

In der modernen Medizin spielt die ärztliche Dokumentation eine entscheidende Rolle. Sie dient nicht nur der Patientenversorgung, sondern ist auch ein zentrales Element in der Abrechnung medizinischer Leistungen, der Absicherung gegen haftungsrechtliche Konsequenzen und der Einhaltung berufsrechtlicher Vorgaben.

Doch trotz ihrer essenziellen Bedeutung wird sie in der Praxis oft als lästige Pflicht wahrgenommen. Dabei kann eine korrekte, vollständige und nachvollziehbare Dokumentation sowohl den Arbeitsalltag erleichtern als auch rechtliche Risiken minimieren.

Rechtliche Grundlagen der ärztlichen Dokumentation

Die Pflicht zur Dokumentation ist gesetzlich verankert. Zentral sind dabei insbesondere folgende Vorschriften:

  1. § 630f BGB (Patientenrechtegesetz):
    „Der Behandelnde ist verp®ichtet, in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung eine Patientenakte in Papierform oder elektronisch zu führen. In die Patientenakte sind sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzunehmen, insbesondere die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen.“
  2. Sozialgesetzbuch V (SGB V), § 295 Abs. 1:
    „Vertragsärzte, -zahnärzte und -psychotherapeuten sind verp®ichtet, die nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ärztliche Behandlung erforderlichen Angaben in die Patientenakte aufzunehmen und diese für eine Mindestdauer von zehn Jahren nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren.“
  3. Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä), § 57:
    „Die Vertragsärzte sind verpflichtet, über die von ihnen in Ausübung ihrer Tätigkeit gemachten Feststellungen und getroffenen Maßnahmen hinreichende Aufzeichnungen zu führen.“
  4. Berufsordnung für Ärzte, § 10 MBO-Ä:
    „Der Arzt hat zum Zweck der Dokumentation in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung Aufzeichnungen über die wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse zu fertigen. Die Dokumentation muss mindestens zehn Jahre nach Abschluss der Behandlung aufbewahrt werden.“

Die ärztliche Dokumentation als Basis für die Abrechnung

Die korrekte Dokumentation ist ein Grundpfeiler der Abrechnung medizinischer Leistungen, sei es gegenüber gesetzlichen Krankenkassen, privaten Krankenversicherungen oder Selbstzahlern. Fehlende oder unzureichende Dokumentationen können zu Regress- und Honorarrückforderungen oder gar zu Strafzahlungen führen.

Warum ist die Dokumentation für die Abrechnung entscheidend?

  • Sie dient als Nachweis für erbrachte Leistungen.
  • Sie bildet die Grundlage für die Abrechnung nach EBM und GOÄ.
  • Sie schützt vor Rückforderungen durch Krankenkassen oder weiteren Prüfverfahren durch die Kassenärztlichen Vereinigungen.
  • Sie verhindert wirtschaftliche Schäden durch unbezahlte oder nicht belegbare Leistungen.

Hier ein Beispiel aus der Praxis:

Ein Arzt führt eine Behandlung durch und verordnet entsprechende teure Medikamente, dokumentiert jedoch nicht die medizinische Notwendigkeit und Indikation. Im Rahmen einer Prüfung wird die Erstattung verweigert und eine Honorarrückzahlung gefordert– ein finanzieller Verlust für die Praxis, der vermeidbar gewesen wäre.

Risiken fehlerhafter, unzureichender oder nicht vorhandener Dokumentation

Die Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorgaben zur Dokumentation kann schwerwiegende Konsequenzen haben:

  1. Haftungsrisiken: Eine unvollständige oder fehlerhafte Dokumentation kann in Haftungsfällen als Beweis gegen den Arzt verwendet werden. Das Fehlen eines Nachweises über eine erfolgte Aufklärung oder Therapieentscheidung kann im Streitfall zu Schadensersatzforderungen führen.
  2. Berufsrechtliche Konsequenzen: Verstöße gegen die Dokumentationspflichten können berufsrechtliche Sanktionen nach sich ziehen, die bis zum Entzug der Approbation reichen können.
  3. Abrechnungsprüfungen und Honorarrückforderungen: Fehlende Dokumentation kann dazu führen, dass erbrachte Leistungen nicht abgerechnet werden können oder nachträglich Rückforderungen entstehen.
  4. Strafrechtliche Konsequenzen: In bestimmten Fällen kann eine mangelhafte Dokumentation als Abrechnungsbetrug gewertet werden, was strafrechtliche Folgen nach sich ziehen kann.

Tipps und Tricks für eine effziente und umfassende Dokumentation

Eine gute Dokumentation muss nicht zwangsläufig mit erheblichem Mehraufwand verbunden sein. Durch gezielte Maßnahmen und den Einsatz moderner Technologien lässt sich der Prozess erheblich erleichtern.

1. Standardisierte Vorlagen und Checklisten nutzen
  • Vorlagen helfen dabei, keine wichtigen Informationen zu vergessen.
  • Strukturierte Checklisten für Anamnese, Diagnostik und Therapie erleichtern die Dokumentation.
  • Das Arbeiten mit Textbausteinen, die die Vorgaben der jeweiligen Gebührenordnung enthalten, können Sie dabei unterstützen an die relevanten Inhalte zu denken und somit eine vollständige Leistungserbringung unterstützen
2. Elektronische Patientenakten (EPA) einsetzen
  • Digitale Systeme erleichtern das Erfassen, Suchen und Archivieren von Dokumentationen.
  • Automatische Erinnerungen helfen, Dokumentationslücken zu vermeiden.
3. Sprachsteuerung und Diktierfunktionen verwenden
  • Spracherkennungssysteme ermöglichen eine schnelle Erfassung ohne lange Schreibarbeiten.
  • Diktierte Notizen können später automatisch in Text umgewandelt werden.
4. Kürzel und Abkürzungen gezielt einsetzen
  • Einheitliche, allgemein verständliche Abkürzungen reduzieren den Schreibaufwand.
  • Eigene Kürzel, nicht allgemeingültige Kürzel sollten jedoch vermieden werden, um Missverständnisse zu vermeiden (Alternative: eine Kürzelliste im QM System einrichten).
5. Zeitnahe Dokumentation direkt nach der Behandlung
  • Dokumentation in unmi¡elbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung verhindert das Vergessen wichtiger Details.
  • Regelmäßige kurze Notizen während des Arbeitstages helfen, den Überblick zu behalten
6. Vermeidung von Redundanzen
  • Doppelte Dokumentationen vermeiden, indem Schnittstellen zwischen Geräte- und Praxissoftware genutzt werden. Alle Informationen sollten an einer Stelle, der Patientenakte zusammengeführt werden.
  • Automatische Übertragungen zwischen Systemen nutzen, um manuelle Eingaben zu minimieren.
7. Aufbewahrung und Datenschutz beachten
  • Patientenakten müssen sicher archiviert und vor unbefugtem Zugriff geschützt werden.
  • Aufbewahrungsfristen von mindestens zehn Jahren beachten, für einzelne Inhalte der ärztlichen Dokumentation können durchaus längere Fristen gelten.

Die Dokumentation als Schlüssel zur Qualitätssicherung

Die ärztliche Dokumentation ist weit mehr als eine bürokratische Pliicht. Sie bildet die Grundlage für eine rechtssichere Abrechnung, schützt vor haftungsrechtlichen Risiken und erfüllt berufsrechtliche Vorgaben. Eine systematische und präzise Dokumentation sichert nicht nur den wirtschaftlichen Erfolg einer Praxis, sondern auch die Qualität der Patientenversorgung.

Durch den Einsatz digitaler Hilfsmi¡el, standardisierter Prozesse und regelmäßiger Schulungen kann die Dokumentation erheblich erleichtert werden. Die richtige Balance zwischen Zeitaufwand und Genauigkeit ist entscheidend, um sowohl juristische Sicherheit als auch eine optimale Patientenversorgung zu gewährleisten.

Die ärztliche Dokumentation ist kein lästiges Anhängsel des Praxisalltags, sondern eine essenzielle Aufgabe mit weitreichender Bedeutung. Mit einer lückenlosen und korrekten Erfassung schützen sich Ärztinnen und Ärzte vor rechtlichen und finanziellen Risiken und sichern zugleich die Qualität ihrer Behandlung.

Nutzen Sie die Dokumentation, um Ihre Praxis auf Erfolgskurs zu halten – für sich selbst, Ihr Team und Ihre Patienten.


Aus dem Magazin:

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