Lange herbeigesehnte Abrechnungsempfehlungen klären Unsicherheiten bei der Rechnungsstellung

Lange herbeigesehnte Abrechnungsempfehlungen klären Unsicherheiten bei der Rechnungsstellung

Unsicherheiten bei der Auswahl der korrekten GOÄ-Nummern für die Rechnungsstellung und Auseinandersetzungen mit privaten Krankenversicherungsunternehmen sind in den letzten Jahren häufiger vorgekommen, wenn z. B. eine Tonsillotomie oder eine intratympanale Injektion abgerechnet wurde. Grund hierfür ist, dass diese Leistungen im Gebührenverzeichnis der GOÄ nicht aufgelistet sind und dementsprechend nur in analoger Weise in Rechnung gestellt werden können. Gem. § 6 (2) GOÄ hat die Abrechnung mit einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses zu erfolgen. Der Begriff der „Gleichwertigkeit“ zählt jedoch zu den unbestimmten Rechtsbegriffen, so dass in der Vergangenheit eine Vielfalt unterschiedlicher Abrechnungsweisen aus dessen Auslegung hervorgegangen waren.

Zu diesen bislang umstrittenen Abrechnungspositionen gehören auch die für der Wechsel bzw. das Einbringen oder Entfernen einer Trachealkanüle sowie die für die Entfernung von Ohr-Tamponaden.

Am 21./22.04.2022 hat die Bundesärztekammer für diese Leistungen entsprechende Abrechnungsempfehlungen beschlossen, die vom Ausschuss „Gebührenordnung“ der Bundesärztekammer am 09.02.2022 zuvor befürwortet worden waren.

Tonsillotomie

Die Tonsillotomie bezeichnet die operative Teil-Entfernung einer oder beider Gaumenmandel(n). Hierbei wird nur intrakapsuläres Gewebe unter Anwendung unterschiedlicher Operationstechniken (z. B. Koagulation, bipolare Hochfrequenzdiathermie) entfernt. Indiziert ist diese Operation z. B. im Kindesalter bei Obstruktion der oberen Atemwege infolge einer Tonsillenhyperplasie.

Abrechnungsempfehlung der Bundesärztekammer:

Tonsillotomie einseitig
analog Nr. 1499 GOÄ: „Ausschälung und Resektion einer Gaumenmandel mit der Kapsel (Tonsillektomie)“
Honorar: 1,0fach = 26,99 €
2,3fach = 62,07 €
3,5fach = 94,45 €

Tonsillotomie beidseitig
analog Nr. 1500 GOÄ: „Ausschälung und Resektion beider Gaumenmandeln mit den Kapseln (Tonsillektomie)“
Honorar: 1,0fach = 43,07 €
2,3fach = 99,07 €
3,5fach = 150,76 €

Unabhängig von der Anwendung der unterschiedlichen Operationstechniken, sind für die Abrechnung die analoge GOÄ-Nr. 1499 bzw. 1500 zu verwenden. Die Abrechnung eines Zuschlags für die Laseranwendung ist nicht möglich, da weder für die GOÄ-Nr. 1499, noch für die GOÄ-Nr. 1500 die Berechtigung zum Ansatz eines Laserzuschlags besteht. Gleiches gilt auch für die Abrechnung anderer OP-Zuschläge i. R. ambulanter Operationen (siehe GOÄ Allgemeine Bestimmungen Abschnitt C VIII.). Ein erhöhter zeitlicher Aufwand oder eine besondere Schwierigkeit z. B. im Zusammenhang mit der Anwendung eines Lasers kann ggf. über die Wahl eines entsprechenden Steigerungsfaktors und unter Angabe einer Begründung in der Rechnung ausgeglichen werden.

Wechsel/Einbringen/Entfernen einer Trachealkanüle, als selbständige ärztliche Leistung

analog Nr. 1529 GOÄ: „Intubation oder Einführung von Dehnungsinstrumenten in den Kehlkopf, als selbständige Leistung“
Honorar: 1,0fach = 8,86 €
2,3fach = 20,38 €
3,5fach = 31,01 €

Hinweis zur Abrechnung:

Die analoge GOÄ-Nr. 1529 kann sowohl für den Wechsel, die Neu-Einbringung oder das Entfernen einer Trachealkanüle abgerechnet werden. Das Entfernen einer Trachealkanüle ist hier als endgültiges Entfernen zu verstehen und das Einbringen als eine erste NeuEinbringung einer Trachealkanüle. Aus der Formulierung des Leistungszifferntextes durch die Bundesärztekammer ergibt sich, dass i. R. des Wechsels einer Trachealkanüle die analoge GOÄ-Nr. 1529 nicht zweimal in Ansatz gebracht werden kann: 1x für das Entfernen und 1x für das Einbringen.

Entfernung von Ohr-Tamponaden

analog Nr. 1569 GOÄ: „Entfernung eines nicht festsitzenden Fremdkörpers aus dem Gehörgang oder der Paukenhöhle“
Honorar: 1,0fach = 4,31 €
2,3fach = 9,92 €
3,5fach = 15,10 €

Hinweis zur Abrechnung:

Der Leistungstext wurde von der Bundesärztekammer im Plural „OhrTamponaden“ formuliert. Daraus ist zu schließen, dass die analoge GOÄ-Nr. 1569 nur 1x je Ohr berechnungsfähig ist.

Für die Entfernung festsitzender Tamponaden oder von Tamponaden mit längerer Verweildauer empfiehlt die Bundesärztekammer den Ansatz eines höheren Abrechnungsfaktors.

„Bei der Entfernung von festsitzenden Tamponaden oder Tamponaden mit längerer Verweildauer würden eine erhöhte Schwierigkeit bzw. ein erhöhter Zeitaufwand ggf. ein Überschreiten der Begründungsschwelle gemäß § 5 Abs. 2 GOÄ – unter ggf. maximaler Ausschöpfung des Gebührenrahmens – rechtfertigen.“

Das „Überschreiten der Begründungsschwelle“ gilt für Abrechnungsfaktoren > 2,3 und bedarf der Angabe einer entsprechenden Begründung in der Rechnung.

Intratympanale Medikamenteneinbringung

Intratympanale Kortikoid-Therapien werden zur Behandlung des akuten Tinnitus oder des akuten Hörsturzes eingesetzt. Hierbei erfolgt nach lokaler Anästhesie des Trommelfells und unter endoskopischer Sicht eine MiniParazentese des Trommelfells. Danach wird über den so geschaffenen Zugang Prednisolon in das Mittelohr injiziert.

Nachfolgend die vollständige Abrechnungsempfehlung der Bundesärztekammer für die gesamte Prozedur:

Nr. 1575 GOÄ: „Inzision des Trommelfells (Parazentese)“
Honorar: 1,0fach = 7,58 €
2,3fach = 17,43 €
3,5fach = 26,52 €

plus

Nr. 485 GOÄ: „Lokalanästhesie des
Trommelfells und/oder der Paukenhöhle“
Honorar: 1,0fach = 2,68 €
2,3fach = 6,17 €
3,5fach = 9,38 €

plus

analog Nr. 256 GOÄ: „Injektion in den Periduralraum”
Honorar: 1,0fach = 10,78 €
2,3fach = 24,80 €
3,5fach = 37,74 €

Hinweis zur Abrechnung:

Während die Lokalanästhesie desTrommelfells mit der GOÄ-Nr. 485 und die Parazentese mit der GOÄ-Nr. 1575 im Gebührenverzeichnis der GOÄ aufgeführt sind, fehlt dort eine entsprechende Abrechnungsposition für die intratympanale Injektion. Infolge dessen muss die GOÄ-Nr. 256 für die intratympanale Injektion in analoger Weise abgerechnet werden.

Die Materialkosten für das Kortisonpräparat sind gem. § 10 GOÄ zusätzlich berechnungsfähig.


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